Florenz Die Männer herrschen auf der Piazza della Signoria.
Auch wenn der Name weiblich klingt:
Firenze, von Flora, Göttin der Blumen und des Frühlings.
Flora jedoch hat sich versteckt, bei Botticelli,
nur leichte Kleidung, kluge Blicke, wenig Männer
sind im Garten. Frühlingslüfte
durchziehen die Uffizien.
Auf der Piazza, draußen, steht nun David,
etwas gelangweilt, casual, cool,
ein junger Gott des Übermuts.
(Wen interessiert schon Goliath, das Monster, der Verlierer?)
Kichernde Girlies schicken ihre Männer zum Posieren,
unter dem Schönen, Weichgelockten, sinnlich Schmollenden,
ein unfairer Vergleich: zu klein gerat'ne Davids,
auf die die Kameras der Handys zielen,
und nicht mal eine Schleuder ist zur Hand.
Stirnrunzelnd schaut David auf Herkules,
auf dem Podest auch er, jedoch ein Mann,
die Muskeln und das Sixpack klar gezeichnet
den Blick tragisch umwölbt. So ist das Leben.
Man unterwirft. Mit Monstern muss man kämpfen,
immerfort, die Keule stets zur Hand, massiv,
im Unterschied zur jugendlichen Schleuder.
Die Touristen strömen, furchtlos, fremde Masse,
wie jeden Tag. Zum Glück steht man darüber.
Skeptisch grüßt Neptun her von seinem Brunnen,
blickt auf David, den ungeratnen Sohn.
Er ist der Älteste der drei, ein König,
mit seinem wohl gepflegten Bart, gelassen
thront er über dem Blecken seiner Pferde.
Zu seinen Füssen liegen nackte Damen,
grünlich, üppig gebaut, doch deutlich kleiner.
Wasser umspielt sie sanft. Sonst spielen sie
nur Nebenrollen hier. Unbewaffnet.
Daneben in der Loggia zeigt Perseus
Medusens abgehau'nen Schädel vor.
Der Leib scheint noch zu zucken,
auf dem er im Triumphe steht. Ein Sieger.
Das Blut spritzt aus dem abgetrennten Rumpf.
Niemand erstarrt mehr heutzutage,
höchstens noch auf dem Selfie: Schnappschuss!
Medusa war im Übrigen nicht sehr beliebt.
Zu schön. Athene nahm sich spät erst
ihrer geschändeten Genossin an
(ein Zickenkrieg, schon damals).
Medusens Kopf trägt sie jetzt auf dem Schilde,
die kluge Göttin. Klugheit
verschafft Respekt. Sogar bei Männern.
Kurzfristig jedenfalls.
Die Löwen blicken sehr gelassen.
Zu viel haben sie schon gesehen.
Savonarola hat hier einst gebrannt.
Ein Bild ist überliefert,
seltsam verkleinert, wie ein Comic.
Ein Block rechts der Palazzo, düster,
links abgeschnitten spickt der Dom hervor,
mittig der Scheiterhaufen.
Eher klein. Darüber hängen Männer
zum Rösten. Seltsam still.
Mehr noch werden herbeigebracht,
weiß das Gewand, ganz still auch sie,
geführt von Männern in spitzen Kapuzen.
(Wer sind hier eigentlich die Bösen?)
Zwei Bauern tragen Stroh heran,
damit das Feuer gut genährt wird.
Kinder spielen Fangen.
In Gruppen stehen die Bürger. Männer. Frauen
sind kaum zu sehen. Im Hintergrund vielleicht.
Nur wenige schau'n der Tragödie zu,
die hier für sie gegeben wird. Es gibt Wichtigeres
am Ende eines langen Tages.
Allein die Engel blicken nieder,
und zwischendurch vielleicht die Löwen.
s. auch: Städte / Madrid