Johann Karl Wezel
Hg. von Jutta Heinz und Wolfgang Hörner
Buch der Woche im Deutschlandfunk:
https://www.deutschlandfunk.de/weinen-um-wuermer-100.html
Der vorliegende Band enthält erstmals alle Gedichte Wezels, zum Teil in Erstdrucken nach Handschriften. Bei den meisten handelt es sich um Jugend- oder um Alterswerke, die einen neuen Einblick in Wezels Entwicklung als Autor wie auch seinen Geisteszustand während der anhaltenden psychischen Erkrankung in seiner Altersphase ermöglichen. Dazu kommt mit Prinz Edmund ein in der deutschen Literatur seltenes Beispiel eines komischen Versepos, das mit der Darstellung von priesterlichem Missbrauch, der Auseinandersetzung mit sadistisch geprägter Sexualität und der Kritik an der Charakterschwäche des herrschenden Adels kaum zeitgemäßer sein könnte. Den wesentlichen Teil des Bandes nimmt Wezels Briefroman Wilhelmine Arend, oder die Gefahren der Empfindsamkeit ein. Wezel wählt hier eine weibliche Hauptfigur, die unter einer bipolaren Störung leidet: Wilhelmine Arend ist, im Jargon der Zeit, eine (über-)empfindsame Schwärmerin, die ihren übersteigerten Moralvorstellungen und ihrer psychischen Hypersensibilität ebenso zum Opfer fällt wie dem Unverständnis der Zeitgenossen und einer absurden Scheidungsgesetzgebung. Wezel zeichnet diese Entwicklung mit außerordentlichem psychologischem Gespür minutiös nach. In einer Art Vorwegnahme moderner Rede-Therapien erzählt die Heldin über große Passagen selbst ihre Leidensgeschichte, die schließlich in ihrem selbst herbeigeführten Hungertod endet. Der umfangreiche Roman enthält eine Fülle von Anspielungen auf zeitgenössische Empfindsamkeitsmoden, wie sie sich in anderen, sehr erfolgreichen Romanen der Zeit finden. Schließlich wird der Band abgerundet durch Wezels satirisches Feenmärchen, das den traditionellen Fauststoff unter dem Titel Kakerlak, oder Geschichte eines Rosenkreuzers aus dem vorigen Jahrhunderte gestaltet. Das durchgängig prosimetrisch gehaltene Werk demonstriert am Ende von Wezels (bewusster) schriftstellerischer Karriere noch einmal seine ganze sprachliche Souveränität, seinen launigen Humor, seine satirischen Qualitäten ebenso wie seine hier ganz spielerisch daherkommende philosophische Tiefe.
http://www.informationsmittel-fuer-bibliotheken.de/showfile.php?id=11722
"Man wünschte, die vorliegende historisch-kritische Ausgabe von Wezels Werken stände in allen, auch semiwissenschaftlichen Bibliotheken, damit möglichst viele Lesebegeisterte und kulturgeschichtlich Interessierte auf diesen klugen, humorvollen Aufklärer aufmerksam gemacht werden könnten. Sicher darf man sagen, daß alle Kenner des 18. Jahrhunderts auf die noch ausstehenden drei Bände 1, 5 und 8 mit Spannung warten – nicht zuletzt auch auf den die Ausgabe abschließenden Briefteil. Man wünscht allen an dem Projekt Beteiligten einen langen Atem. Das in den letzten 25 Jahren Erbrachte sollte stolz machen – Kraft und Mittel freisetzen, um dieses Langzeitunternehmen zu einem glücklichen Ende führen zu können."
Uwe Hentschel
QUELLE Informationsmittel (IFB) : digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und Wissenschaft
Johann Karl Wezel. Eine Biographie
Inhalt
Bekenntnisse eines glücklichen Skeptikers.
Ein Johann Karl Wezel Lesebuch.
Heidelberg 2019
Inhalt:
Warum Wezel lesen? Vorwort
Wezels Leben: "Immer ein Fremder in der Welt"
Wezels Werke: "Als Schriftsteller schreibt er leicht und gut"
Wezels Ansichten: Ein Interview mit dem Autor über Menschenkenntnis, Liebe und Ehe, Kinder und Erziehung, Politik und Wissenschaft und den ganzen Rest
Porträt eines Autors: "Die Schulburschen müssen seinen Namen in der Schule lernen"
Menschenkenntnis: "Oh Unwissenheit, einzige Mutter der Glückseligkeit"
Ehe und Liebe: "Die Liebe ist ein vortrefflicher Zeitvertreib, aber eine sehr langweilige Beschäftigung"
Frauen und Männer: "Es ist nicht zu leugnen, die Natur teilte die Rollen des Lebens unter die beiden Geschlechter sehr stiefmütterlich aus"
Kinder und Erziehung: "Die Natur zeugte nie einen Bösewicht"
Philosophie: "Ein glücklicher Skeptizismus"
Politik und Wirtschaft: "Keine Illusion ist glücklicher als die Illusion der Freiheit"
Wissenschaften: "Hinweg mit Euch, ihr sogenannten Weisen!"
Menschliches, Allzumenschliches: "Nie reifen mehr Melonen"
Verzeichnis der Quellen, Literaturhinweise
Rezension in der FAZ vom 26.1.2019
Erzählen statt Klassifizieren. Wezels Theorie der Empfindungen in seinem Versuch über die Kenntniß des Menschen im Kontext zeitgenössischer Affektenlehren. In: Alexander Košenina/Christoph Weiß (Hg.): Johann Karl Wezel (1747-1819). St. Ingbert 1997, S. 237-257.
Warum Wezel? In: Irene Boose (Hg.): Warum Wezel? zum 250. Geburtstag eines Aufklärers. Heidelberg 1997, S. 9-15.
Wezel und die Frauen. Prototypen feministischer Argumentationsstrukturen im späten 18. Jahrhundert? Wezel-Jahrbuch 4 (2001), S. 120-141.
»Das ganze geheime Triebwerk seiner Kunst« – Zur Aktualität Johann Karl Wezels. In: Wezel-Jahrbuch 5 (2002), S. 9-24.
»Das ganze Leben ist ein Spiel« – Wezels ›Kakerlak‹ als Antwort auf ›Belphegor‹. In: Wezel-Jahrbuch 6 (2003/2004), S. 215-234.
Wezel und Schiller. Eine (Nicht-)Parallelbiographie. Ein Beitrag von vielen Beiträgen zum Schiller-Jahr. In: Wezel-Jahrbuch 8 (2005), S. 188-205.
Von der Satire zur Beobachtungsgeschichte – kleine Prosaformen im Werk Johann Karl Wezels. In: Alexander Košenina/Carsten Zelle (Hg.): Kleine anthropologische Prosaformen der Goethezeit (1750–1830). Hannover 2011, S. 101-116.
Radikalsatire. Swift, Voltaire, Wezel. In: Wezel-Jahrbuch 16/17 (2021), S. 15-32.
Wezel und Goethe. Eine (Nicht-)Parallelbiographie. In: Wezel-Jahrbuch 16/17 (2021), S. 179-202.
Wezel-Stätten in Thüringen
https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/johann-karl-wezel-in-sondershausen/
Wezel-Texte digital:
https://de.wikisource.org/wiki/Johann_Karl_Wezel
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/entity/118632108
http://gutenberg.spiegel.de/autor/johann-karl-wezel-637
Wezel-Jahrbuch
Wehrhahn-Verlag Göttingen
Inhaltsverzeichnisse der aktuellen Bände
Jenaer Ausgabe der Werke Johann Karl Wezels,
8 Bde., Mattes Verlag Heidelberg
Die erste Wezel-Gesamtausgabe »Jenaer Ausgabe in acht Bänden« wird in acht Bänden Wezels gesamtes schriftstellerisches Werk (Romane, Erzählungen, Dramen, Gedichte, pädagogische und philosophische Schriften) und die zeitgenössischen Zeugnisse über ihn versammeln. Ausführliche Überblicks- und Stellenkommentare begleiten die einzelnen Bände und ermöglichen ein Verständnis Wezels im Kontext seiner Epoche.
Gesamtausgabe / Editionsplan (Band 1–8)
Band1: Tobias Knaut / Belphegor
Band 2.1: Peter Marks / Satirische Erzählungen / Die wilde Betty
Band 4: Wilhelmine Arend / Kakerlak / Prinz Edmund / Kleine Schriften und Gedichte
Band 5: Filibert und Theodosia / Der Graf von Wickham / Lustspiele
Band 7: Versuch über die Kenntniß des Menschen / Rezensionen / Schriften zur Pädagogik
Zum 200jährigen Todestag von Johann Karl Wezel:
Johann Karl Wezel, geboren 1747, hat ein Problem. Wie jeder zu Lebzeiten berühmte Mensch befindet er sich seit seinem Tode 1819 im Reiche der ruhmvollen Unsterblichkeit. Was in den Ohren Ahnungsloser wunderbar klingt, ist für die Betroffenen nach Jahrhunderten des Vor-Sich-Hin-Berühmtseins vor allem eines: (un)sterbenslangweilig. Und so will Wezel wie alle anderen auch irgendwie da raus, und zwar so schnell wie möglich. Seine Chance: Nach reichlich Jubliäumsjahren ist die Revision der Unsterblichkeitsverbannung möglich. Freilich muss der des Lorbeers müde Antragsteller gerichtsfest nachweisen, dass seine Spuren auf Erden sich mittlerweile gänzlich verflüchtigt haben. Schlechte Aussichten für Wezel! Denn er wird immer wieder begeistert entdeckt und ist längst als zu Unrecht vergessenes Genie institutionalisiert, ja, von manchen als Apologet des „Welt=, Gott= und Menschenhassses“ (Arno Schmidt) hochgeschätzt. Wezels unvergleichlich bösartige, komische und hocheigenwillige Schriften und Romane gelten als unvermindert bahnbrechend. Dazu klingt die bizarre Biographie dieses teilgenialen Schreckensmanns mitsamt seines hölderlinartigen Endes wie von Hollywoods besten Drehbuchautoren im Drogenrausch erfunden. Aber Wezel, der Unsterblichkeit unendlich überdrüssig, gibt nicht auf: Er will nachweisen, dass sein Ruhm vor allem auf Entstellungen, Übertreibungen und Missverständnissen beruht. Statt seiner – so sein Revisionsantrag – sollen hinfort seine Verleumder sitzen: Zeitgenossen , die ihn verehrten, diverse Germanisten, die ihre Karriere auf ihm aufbauten, die nimmer endende Schar der Herausgeber seiner Werke und vor allem ein gewisser Arno Schmidt, den Wezel voller Inbrunst hasst. Vor Gericht entbrennt ein erbitterter Streit um Wezels Bücher ‚Belphegor‘, ‚Hermann und Ulrike‘, ‚Wilhelmine Arend oder Die Gefahren der Empfindsamkeit‘ sowie ‚Meine Auferstehung‘ – und um Begriffe wie Ruhm, Ehre und Unsterblichkeit. Darf Johann Karl Wezel, gerade von der ‚Anderen Bibliothek‘ wiederentdeckt, dahin gehen, wo er hinzugehen wünscht?
Hrsg. und mit einer Einleitung versehen von Martin Ignacio Koval